Vor einigen Jahren war die Diskussion der Willensfreiheitsfrage im Zusammenhang mit Neurologischen Erkenntnissen im Schwange, und dieses frühe Ergebnis ist quasi die Einleitung dazu.
Libet stellte fest, dass vor dem Bewegen einer Hand und vor dem Erkennen eines Bewegungsdranges bereits ein messbares sogenanntes “Bereitschaftspotential” auftaucht und zeigte damit, dass unseren bewussten Entscheidungen unbewusste Vorgänge vorauslaufen.
Es wird in dem verlinkten Artikel über die Diskussion referiert, dass Libet ja gar keine Entscheidung zwischen zwei Alternativen maß, sondern nur die Ausführung einer bereits vorher getroffenen Entscheidung, nämlich an dem Experiment teilzunehmen. Das ist aber nicht schlüssig und ein bischen einfallslos argumentiert, denn die Versuchsperson traf in jedem gegebenen Moment die Entscheidung, ihre Hand jetzt zu bewegen oder nicht zu bewegen. Darüberhinaus ist es ein bisschen blöde, denn auch die vorher getroffene Entscheidung wurde bereits vor ihrer Bewusstwerdung getroffen.
Wichtiger ist die Frage, ob es überhaupt eines neurologischen Experimentes bedarf, um die naïve Vorstellung der Willensfreiheit zu widerlegen, nachdem es von Demokrit über Spinoza und sicher viele andere eine zweitausendjährige Geschichte des entschiedenen Deteminismus gibt. Ich meine Nein.
Auf der Website ist im Hauptartikel eine Unterscheidung der Philosophen in Kompatibilisten, Inkompatibilisten, Libertarier, weiche Deterministen und Freiheitsskeptiker gegeben (Erklärungen siehe dort). Nach dieser Liste bin ich entschieden ein “weicher Determinist”, d.h. jemand, der die Willensfreiheit für existent hält, obwohl der Ablauf der Welt eine Mischung aus Kausalität und Zufall ist.
Um dorthin zu kommen muss man zunächst fragen, warum und wieso überhaupt der ganze Bohei um die Freiheit veranstaltet wird, und dann kommt man auf die Verantwortlichkeit, d.h. auf die Frage, ob ich jemanden für seine Handlungen sinnvoll belohnen oder zur Rechenschaft ziehen kann. Klassischerweise folgen Freiheit und Verantwortlichkeit auseinander – etwas verkürzt, denn es gibt natürlich unterschiedliche Grade von Freiheit. Wem mit der Pistole an der Schläfe ein Angebot gemacht wird, kann es immer noch ablehnen, aber wir kommen wohl überein zu sagen, dass seine Freiheit auf einen kleinen Rest geschrumpft ist.
Im Moment der Entscheidung ist Verantwortlichkeit der Blick nicht in die Vergangenheit – “Was bestimmt mich von dort her?” – sondern in die Zukunft – “Welche Folgen hat mein Handeln voraussichtlich?” Das Wissen um diese Folgen stammt natürlich aus der Vergangenheit, wir haben also genaugenommen eine sehr spezielle Form von Vergangenheitsbestimmtheit, aber das sind Feinheiten.
Belohnen und zur Rechenschaft ziehen sind Verhaltensbeeinflussungen, die einer Absicht des Belohnenden und Zur-Rechenschaft-Ziehenden entspringen, und dieser wird diese Maßnahmen nur bei Menschen anwenden, die sich überhaupt davon beeinflussen lassen. Ein verrückter, süchtiger, berauschter Mensch ist zum Beispiel für gewisse moralische Belohnungen und Bestrafungen ziemlich unempfänglich, ebenso einer, dem eine Pistole an den Kopf gehalten wird. Frei ist also einer, bei dem wir nicht aus Gründen der Handlungsökonomie auf Belohnungs- oder Bestrafungsankündigungen verzichten würden.
Ein Gedanke zu “Willensfreiheit und Handlungsökonomie”