Dieser Artikel im „New Yorker“ referiert drei Bücher, die sich mit der eigentümlichen Tatsache befassen, dass die Meinung vieler Menschen in einer bestimmten Angelegenheit von Fakten unbeeinflussbar zu sein scheint. Wie kann es sein, so lautet die Kernfrage, dass diese Vorliebe des menschlichen Geistes, bei seiner eigenen Auffassung zu bleiben, die jeder kennt und die auch experimentell gemessen werden kann, im Lauf der Evolution nicht wegselektiert wurde? Immerhin behindert sie unsere Fähigkeit, Botschaften über Chancen und Gefahren richtig einzuschätzen – und damit unsere Chance, unsere Gene weiterzugeben.
„Confirmation Bias“ ist unsere Neigung, unsere Meinung unterstützende Informationen für glaubwürdiger zu halten als widersprechende. Im Artikel werden eine Reihe von raffinierten psychologischen Experimenten geschildert, die verschiedene Aspekte dieses seltsamen Erbes zutage treten lassen. So konnten VersuchteilnehmerInnen dazu gebracht werden, ihre eigene Analyse eines Themas zu zerpflücken, wenn es gelang, diese ihnen als die eines Anderen unterzuschieben.
Eine mögliche Erklärung für den evolutionären Wert der Bevorzugung des eigenen Standpunktes ist, dass sie die Selbstbehauptung in der Gruppe fördert – sie ist also eine Eigenschaft des sozialen Lebens. Wenn mir jemand zustimmt, spüre ich Freude, die auch als Dopaminausschüttung in meinem Blut gemessen werden kann. Wer seine Auffassung durchsetzen kann steigt im Status. Auf diesem Weg erhöht sich auch seine/ihre Chance, die eigenen Gene weiterzugeben. Es mögen aber noch mehr soziale Dimensionen dabei beteiligt sein.
Meinungen sind umso krasser, je weniger jemand vom Thema versteht. Ein Lichtblick ist der Befund, dass kategorische Meinungen sich nach und nach auflösen, wenn die Menschen dazu aufgefordert werden, sie möglichst detailliert zu begründen. Sie erkennen dann oft, wie wenig sie wirklich verstehen und werden vorsichtiger in ihrer Zustimmung oder Verurteilung einer Position. (Das würde irgendwie auch dazu passen, dass Fremdenfeindlichkeit am stärksten bei Leuten ist, die wenig Fremde kennen.)
Der Text erschien auch auf piqd.de.