Coronavirus: Reproduktionszahl und Mortalität in Deutschland

(Ein aktualisierter Nachfolgebeitrag vom 8.5.20 findet sich hier.)

Wie schon in einem vorigen Beitrag berichtet, scheinen die Distanzierungsmaßnahmen in Deutschland Wirkung zu zeigen. Die Reproduktionszahl R wird hier wie folgt abgeschätzt:

R = Neuinfektionen / (Infizierte in der Vorlaufzeit / Vorlaufzeit)

Die Vorlaufzeit sei wieder die zwischen Infektion und Registrierung. Wieder nehme ich an, dass nach der Registrierung die Isolation so gut ist, dass keine Infektionen mehr auftreten. Der Wert lässt sich nur für einen vergangenen Zeitpunkt ermitteln, der um die Vorlaufzeit zurückliegt, denn nur für diesen ist die wirkliche Zahl der Neuinfektionen bekannt.

Das Ergebnis ist, dass bei einer angenommenen Vorlaufzeit von 8 Tagen vor 9 Tagen die Reproduktionszahl ungefähr bei 1 lag. Da sich die Distanzierung nicht verändert haben dürfte, ist wahrscheinlich, dass sie inzwischen weiter gesunken ist. Dies ist schön, denn es bedeutet, dass die Epidemie etwa konstant bleibt und Chancen bestehen, dass sie etwas abklingt, wenn wir weiter konsequent Distanz halten.

Reproduktionszahl bei einer angenommen Vorlaufzeit von 8 Tagen. Man beachte, dass der letzte sinnvolle Wert 8 Tage in der Vergangenheit liegt.

Über die Mortalität der neu registrierten Fälle gibt es viel hin und her. Auch diese kann man aus den registrierten Fällen abschätzen, wenn man ein Zeitintervall zwischen Registrierung und Tod annimmt. Hier findet man eine Zahl von 14 Tagen allgemein für die Zeit zwischen den ersten Symptomen und dem Tod. Hiervon ist die Zeit zwischen den ersten Symptomen und der Registrierung abzuziehen, die ich mal mit 2 – 4 Tagen ansetze, was 10 – 12 Tage Vorlaufzeit Registrierung -> Tod ergibt.

Die Zahl der Neuregistrierung hängt von der Zahl der Tests ab, und die hat sich geändert.

Zahl der Tests im März. Quelle: RKI

Nach dem 16.3. hat die Zahl der Tests stark zugenommen und damit auch die der gefundenen Infektionen – und damit auch die der leichten Fälle, die nicht sterben. Also würde man erwarten, dass etwa um den 26.3. die Mortalität der registrierten Fälle absinkt und dann etwa konstant bleibt. Dies ist bei einer Vorlaufzeit von 11 Tagen der Fall:

Mortalität, definiert als Todesfälle / Neuregistrierungen 11 Tage vorher. Mittelungszeit für die blaue Kurve ist 7 Tage.

Damit landen wir bei 4,5 %, ± 0,5 %.

Auf worldometers.info findet man, dass in Deutschland 4,5 – 5,5 % aller für beendet erklärten Fälle Todesfälle sind. Das liegt im selben Bereich und unterstützt diese Abschätzung. Hierzu muss sichergestellt sein, dass alle registrierten Fälle auch irgendwann als abgeschlossen registriert werden. Im Moment bin ich mir nicht sicher, ob das wirklich der Fall ist.

Die Mortalität der abgeschlossenen Fälle in Südkorea liegt im Moment bei 3%. Der Unterschied zu Deutschland könnte damit plausibel gemacht werden, dass dort wesentlich mehr getestet wird. Damit würden auch wesentlich mehr leichte Fälle erfasst, die nicht sterben.

Darüberhinaus ist Vorsicht geboten, weil die Kriterien der statistischen Erfassung nicht zwingend überall gleich sind. Bei multimorbiden Patient(inn)en kann der Tod auch durch eines seiner/ihrer anderen Leiden verursacht worden sein, oder er wäre ohne C. einige Tage später erfolgt. Es ist unklar, wann der Tod also auf das Konto von C. geschrieben werden muss. Ähnliches gilt für die Erfassung der Genesungen. Ab wann wird ein Fall als krank angesehen? Schon wenn er positiv getestet ist oder erst wenn er Symptome zeigt oder erst wenn er ins Krankenhaus kommt? Hier sind noch Grauzonen.

Wie viele Infizierte gibt es, die asymptomatisch bleiben und niemals registriert werden? Nach diesem Nature – Artikel sind irgendwo zwischen 20 und 50 % aller Infizierten asymptomatisch, d.h. es die Zahl der niemals Registrierten liegt zwischen 25 und 100 % der Zahl der registrierten Fälle. Sehr vage.

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